Ruppichteroth

Ruppichteroth

 

32 Km von Beuinghausen in Richtung Herrenbröl liegt Ruppichteroth. Es gehört zum Amt Blankenberg, daß 1180 von den Grafen von Sayn in Besitz genommen wurde. Später waren die Grafen von Heinsberg die Herren, bis es 1363 in den Besitz des Grafen und späteren Herzog von Berg überging. 1513 hatte die Sayn-Wittgensteiner Regierung durch Graf Ludwig für die Herrschaft Homburg eine neue Kirchenverordnung erlassen. Graf Heinrich IV führte das lutherische Bekenntnis ein, der bis 1605 die katholische Kircheneinrichtung beseitigen ließ, entsprechend dem Augsburger Religionsfriede von 1555: "Wer das Land regiert bestimmt die Religion". 1607 kam es wieder in den Besitz des Herzogs von Jülich-Berg, wo es bis 1806 verblieb. Die Güter der Familie von Scheidt in diesem Kirchspiel waren der St. Severinkirche in Ruppichteroth Zehntpflichtig, darum lagern im Pfarrarchiv viele alte Schriften und Urkunden über unsere Ahnen. So fuhren wir gleich zum Pfarrarchiv und baten um Einsicht in die Akten. Der jetzige Pfarrer Harry Hendriks, ein lustiger aufgeschlossener Mann, Herausgeber der Bücher "Ruppichteroth im Spiegel der Zeit" kam unseren Wünschen zur Familienforschung sehr entgegen. Viele Notizen aus alten vergilbten Schriftstücken war unser Erfolg.

 

 

Ruppichteroth nach einem Foto von 1894

Pfarrer Hendriks bat uns anschließend zu einem Rundgang in die Kirche und wir konnten vom Altarraum das wertvolle Chorfenster bewundern, die Chorstühle am Altar der Familie von Scheidt, sowie der Familie von Scharrenberg und von Steprath sind noch vorhanden.

Pfarrer Hendriks blieb vor einer alten Grabplatte stehen und sagte, viele dieser noch erhaltenen Akten und Urkunden verdanken wir diesem Mann, Heinrich Herr. Er war von 1698 bis 1722 Pfarrer in Ruppichteroth. Als solcher hat derselbe ungemein viele außeramtliche und amtliche Schriftstücke aufgesetzt und

vorallem wertvolle und gediegene Lagerbücher angefertigt welche eine hervorragende Fundgrube auch für meine Ahnenforschung bilden. Nebst diesen ruhen auch die übrigen hier verwendeten Aktenbestände, geschriebene Urkunden, beglaubigte Auszüge und Abschriften noch heute im Pfarrarchiv zu Ruppichteroth. Das jene zu Protokoll gegebene Angaben und Zeugenaussagen bis auf uns gekommen sind und hiermit der Nachwelt überliefert werden konnten, verdanken wir den verdienstvollen Heinrich Herr. In den Aktenbeständen vom Jahre 1640 gibt es ein amtlich ausgestelltes und protokolliertes Zeugenverhör, woraus wir namentlich ersehen, wie der sogenannte Zehnte bei der Synischen Kirche in Ruppichteroth zwischen katholischen und protestantischen Offitianten der Familie von Scheidt sich erstritten.

Das betreffende von Herr besorgte Aktenstück wörtlich.

"Copia authentica"

Dato unten gemelt ist von dem Herrn bergischen Marschallen aufm Hauß von Scheidt zur Weschpfennig broll in streitigkeit des Nümbrechter Zehendes nachfolgender gestalt deponirt und alle Beschaffenheit durch nachbennende gezeugen ahn äydts statt confirmirt. 1640 den 2. July.

1. Hein trepper 2. Johann Neffgen 3. Arnold Müller.

Hein trepper, seiner alters ungefähr sibenzigh Jahriger, deponirt und sagt, daß zu Ruppichteroth nahe bey der Kirch ein vicarius nahmens Herr Gerharth gewohnt, habe den Altar der Mutter Gottes bedient und deß wegen den Zehnten der Saynischen Kirch genossen. Item deponirt und sagt ferner, daß ein Pastot, nahmens Herr Casparus vor ungefehr fünffzig Jahren einen zeitlichen Ambtmann wegen dieses steitbaren Zehendes ersucht et active et non passive deßselbigen zuerkannt wurden.

Johann Neffgen der alter zweyter Zeug.

Johann Neffgen zweyter Zeuge, seines ungefehr ad sechs und achtzig Jahr, deponirt, daß er von undenklichen Jahren gehört, daß der Saynischen Zehenden nach der Saynischen Kirch Ruppichteroth gehöre und gehörig gewesen und seye dem vicari oder Pastoren, welcher den alter Unser lieben Frawe bedienet, unweigerlich gefolgt.

1644 war der 82 jährige Arnold Müller novh einmal Zeuge über die verschiedenen Besetzungen der Pastoren in der Kirche von Ruppichteroth. Das betreffende Aktenstück hat nach der von Pastor Berr besorgten Kopie folgenden interessanten Wortlaut:

Extract und copia der Zeugensachen, welcher der Cayserliche zu Speyr immatrentirter Notarius publicus und nachmahlen Gerichtsschreiber zu steinbach Mauritius Übersetzig, anno 1644 den 12. Martii, in rexuisitionem des Wollgeborenem Freyherrn Johann Bertram vom Scheidt gen. Weschpfennig Ihro Hochfürstlichen Durchlaucht Wolfgang Wilhelmi vollentzogen. Ernstlich Arnolt Müller zu Utroth 82 Jahre alters, samt folgende Zeugen bey aidtsflicht examinirt, waß vor pastores und in welchen Jahren dieselbe dieser Kirche zu Ruppichteroth atmimistrirt hatten.

1. Das anno 1609, alß die Fürsten Neuburg und Brandenburg in daß Land kommen, ein catholischer Pastor allhie gewesen, welcher im Jahre Eilf diese Kirche quitirt und seyn nach Heen gezogen und daselbst gestorben, welches folgende Zeugen gleichfals zu seyn affimiren.

2. Daß Jorgen Drach, ein lutherischer Prädikant, wohnhaft bey seinem Sohn Osman, Halfmann auff Gut Heiden, im obgemelten Jahr 11 ohne Vorwissen einiger obrigkeit durch Amreitzung Kirspels leuth in diese Kirch kommen. Diesem nach anno 15 sey gemeldeter Drach von Christian Schlebusch, einem catholischen Priester, weggetrieben wurden, der ihm Jahr 15 diese Kirch resignirt, damals ist der Drach abermahls alß oben abgefragt warumb dan Georgius Drach sich Pastorin obgemelten Jahren geschrieben und Heyrathscontracte copulationes und testamenta geschrieben, geben zur Antwort, daß es solches bißhin seinen Todt in Häusern hin und wieder verübt, da sein brodt verdienet, sintemahlen folgens auß der allmusen unterhalten werden, auch am letzten gantz närrisch wurden.

Arnold Müller 82 jahriges alters

Johann Neffen 77 alterthumbs

Peter Hoefer aufm Scheidt 76 Jahr

bekennen Krafft aidtsflicht, alles gesehen und alles alß oben gemeldet wahr zu seyn und erlebet zu haben. In Urkundt und Wahrheit.

Heinrich Schlimbach, ducatus Juliacensis et Montensis Notarius approbatus.

 

Die historischen Chorfenster

 

 

In einem frühmittelalterlichen Katechismus des Bistums Treguir (Cotes du-Nord) lautet die Frage: "Was soll man tun, wenn man eine Kirche betritt?"

Die Antwort ist überraschend: "Man soll beten und dann in der Kirche umhergehen und die Glasfenster betrachten." Um diese Anweisung recht zu verstehen, muß man sich 800 Jahre zurückversetzen. Nur die Schreiber waren schriftkundig. Die Bevölkerung konnte weder lesen noch schreiben. Sie lasen in den Glasfenstern die Geschichte des Alten und Neuen Testaments. Der Abt Suger von St. Denis sagte wörtlich: "Die Bilder der Glasfenster sind in erster Linie für den einfachen, welche die Schrift nicht lesen können, sie sollen ihnen zeigen, was sie glauben sollen." Die historischen Scheiben unserer Chorfenster sind wahrscheinlich um das Jahr 1500 in einer Kölner Werkstatt entstanden. Sie gehören zu den besten rheinischen Glasmalereien aus der Wende des 15. Jahrhunderts. Sie sind durch die  klaren, lichten Farben, die Bevorzugung von Silberweiß und Hellgelb für die Architekturen, von Hellblau für die Luft, von Grisaille für die Fleischteile ausgezeichnet. Der Stifter dieser historischen Chorfenster ist Bertram von Nesselrode zu Burg Ehrenstein geb. 1492, gestorben 1556 und Engelbert von Scheidt gen. Weschpfennig. Engelbert von Scheidt heiratete Anna von Driesch und nach dem Tode Annas nochmals eine Anna von Schnellenberg. Beide Frauen sind mit ihren Wappen in den Chorfenstern abgebildet. Beide Ehen waren Kinderlos.

Quelle: Harry Hendriks. Pfarrer der Kirche in Ruppichteroth

 

In den Miszellaneen von Johann Peter Reidt von 1895 ist folgendes zu lesen.

Im Jahre 1500 erhielt die Pfarr und Mutterkirche zu Ruppichteroth neue gemalte Chorfenster, die noch heute in der basilikalen Kreuzkirche, die in frühgotischem Stile mit rechteckigen Pregyterium (Chorraum für die Geistlichender katholischen Kirche, Altarraum in der evangelischen Kirche) aufgebaut dasteht, vorhanden und zu bewundern sind. Stifter dieser Fenster waren ebenfalls Nachfolger des edlen Ritters Dietrich von Herrenbröl, und es ist darum begreiflich zu finden, wenn in den Bildern dieser Fenster einzelne Hauptzüge aus dem Leben des Kreuzfahrers und Ahnherr Dietrich verewigt sind. Es hießen aber diese Donatoren (Erbauer) Engelbrecht vom Scheydt genant Wederschit, und Anna Maria vom Dreylichs genant von Lullenberch, sowie "Hynen Wederschit, pastor huiuse ecclesia" bzw Heinrich von Winterscheid, Pastor dieser Gemeinde. Des ferner steht auch die Jahreszahl 1500 daselbst. Die auf unsere Historie bezüglichen bildlichen Darstellungen in den genannten Fenstern sind um so wichtiger, als die Freskomalereien in der Kapelle zu Schönenberg. Da ist zunächst ein Ritterwappen, das mit der Figur eines Hundes versehen ist, das Bild eines Hundes ist ebenfalls noch heute auf einem Grabstein im Chore der Schöneberger Kirche zu sehen, darunter aber liegen einzelne aus dem Geschlechte der Herrenbröler Herrschaft begraben. Es ist daher unleugbar, daß ein Hund in der Geschichte der Ritter von Herrenbröl eine bedeutsame Rolle gespielt hat, und, wir wohl ungesagt annehmen dürfen in den Sinne gespielt hat, und, wie solches in der voraufstehenden Historie erzählt worden. Das zweite Fensterbild, daß bei dieser Gelegenheit noch erwähnt werden soll, stellt einen dankknienden Ritter dar, und über demselben hält ein Abt eine gelöste und mit einem Schlüssel behangene Kette am rechten Arme. Das will doch offenbar sagen, daß der befreite Ritter der Fürsprache eines Abtes seine Rettung verdankt und zuschreibt. St. Benediktus hatte auch drei Jahre hindurch in einer engen Höhle, gewissermaßen in freiwilliger Gefangenschaft zugebracht. Bekanntlich hat ja auch die hl. Maria Magdalena, welche Dietrich vornehmlich verehrte, viele Jahre hindurch, fern von jeglichem Weltverkehr, in einer Höhle ihren Aufenthalt gehabt.

Quelle: Johann Peter Reidt

 

Kommen wir jetzt zu den Darstellungen in den alten Fenstern.

II. Fenster. Standfigur des Kirchenpatrons. Der hl. Severinus trägt in der linken Hand das Modell einer Kirche. In der rechten Hand hält er den Hirtenstab. Im unteren Feld steht ein Abt, wahrscheinlich der hl. Benediktus der Einsiedler. In seinem Arm hängt eine Kette mit Fußeisen. Davor kniet ein Ritter mit dem Wappen der von Scheidts und der Inschrift: Engelbert von Scheidt genannt Wederschit. Das letzte Wort ist falsch ergänzt, es muß heißen Weschpfennig. Die Figuren befinden sich in einer flachgewölbten Säulenhalle, die einen Durchblick auf ein Stadtbild gewährt. Engelbert von Scheidt ist bekannt als der Wiedererbauer der Kapelle zu Schönenberg in den Jahren 1517-1521. Er und seine Gemahlin wurden in der Familiengruft in der Schönenberger Kapelle beigesetzt. Das Wappen im Chorfenster ist nicht ganz korrekt wiedergegeben.

III. Fenster. Gegen den Hintergrund einer Felslandschaft steht das Kreuz mit dem sterbenden Christus. Im Sockelfeld sitzt Maria im dunkelstahlblauem Kleid, auf ihrem Schoß das rotgekleidetet Christuskind. Die flachgewölbte Säulenhalle und der Durchblick auf ein Stadtbild aus dem II. Fenster wird hier fortgesetzt. Im Vordergrund knien zwei Frauenfiguren mit beigegebenen Wappen. Die Inschrift lautet: Anna Maria vam Dreissch genant von Lullenberg. Auch diese Inschrift ist einmal falsch ergänzt worden. An Stelle des Wortes "genant" muß der Vornahme Anna stehen. Auch von Lullenberg ist falsch, es muß heißen von Schnellenberg. Der im 2. Fenster dargestellte Engelbrecht von Scheidt war mit Anna von Schnellenberg in zweiter Ehe verheiratet. Seine erste Frau war Maria von Dreissch, mit der er im Jahre 1484 als Stifter in Seligthal erscheint.

Quellen: E. Renard, Die Kunstdenkmähler des Siegkreises Düsseldorf 1907

 

1515 (nicht 1550) Engelbert von Scheidt gen. Weschpfennig, 1511-1523 Amtmann und Rentmeister des Amtes Blankenberg, und seine zweite Frau Anna von Schnellenberg zu Schönholthausen, die ebenfalls auf einem Chorfenster der kath. Pfarrkirche zu Ruppichteroth abgebildet ist, der von ihnen wiedererbauten Kapelle zu Schönenberg Grundbesitz. In der Urkunde heißt es: ... die Capell und Kirch gelegen in unserm grundt zu Schönenbergh, die da verfallen undt vergangen war wiederumb auffgebawet, bestettigt, undt mit unserm erb undt grundt begeifftiget (beschenkt) haben ... Ferner wird in dieser Urkunde ein Bruder Johann von Scheidt als Miterbe erwähnt. Die Aufschrift der Grabplatte des Ehepaares von Scheidt - von Schnellenberg in der Kapelle zu Schönenberg war im Jahre 1907 nicht mehr zu entziffern.

Quellen: Zur Geschichte des Bergischen Adels 1480-1685 Bergischer Geschichtsverein Band 81

A. Fahne, Geschichte der jülichschen und Bergischen Geschlechter Köln 1848

 

Franz von Scheidt


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